2015.11 - Belitung
Die Distanz von Pulau Sembilan bis in den Norden von Belitung beträgt etwas weniger als 60 Seemeilen. Leider mussten wir – mangels Wind – fast die gesamte Strecke unter Motor zurücklegen. Nur die letzten 10 Seemeilen segelten wir, als ob der Wind uns ein kleines Zugeständnis machen wollte.
Als wir schließlich Belitung erreichten, erwartete uns ein spektakuläres Willkommenskomitee: Ein gewaltiges Gewitter tobte direkt über unserem geplanten Ankerplatz. Blitze zuckten am Himmel, und der Donner rollte so laut, dass man meinen konnte, Poseidon selbst hätte seine schlechte Laune auf uns abgeladen. Kurzerhand entschieden wir uns, das Unwetter abzuwarten – schließlich wollten wir nicht, dass unser Ankerplatz zur Blitzparty wird. Nach etwa zwei Stunden verzog sich das Gewitter, und wir konnten endlich ankern.
Bei leichtem Nieselregen ließen wir unseren Anker auf Position 02°33.836' S und 107°39.879' E in 5 Metern Tiefe fallen.
Ankunft im Norden von Belitung bei starkem Unwetter.
Wir bleiben zwei Tage in Belitung, denn unser indonesisches Visum neigt sich langsam dem Ende zu – noch haben wir acht Tage Zeit, um das Land zu genießen. Allerdings hat sich das Wetter nicht gerade von seiner freundlichsten Seite gezeigt: Ab Mittag ziehen regelmäßig Regenwolken auf, begleitet von teilweise heftigen Gewittern. Es ist, als ob der Himmel uns sagen will: „Ihr habt noch acht Tage? Na, dann macht mal was draus – aber nicht ohne Nordweslter!“.😄
Da wir dringend Proviant besorgen mussten, machten wir uns auf den Weg zur Stadt Tanjung Pandan. Unterwegs kamen wir an einer Werft vorbei, die traditionelle Holzboote baut. Es war faszinierend zu sehen, wie die Handwerker mit einfachsten Mitteln und Werkzeugen wahre Meisterwerke erschaffen. Ich erinnerte mich daran, wie ich vor Jahren in einem großen Coop Do it + Garden in Luzern gefragt hatte, wie viele Artikel sie im Lager führen – die Antwort war: etwa 250.000. Hier auf dieser Werft in Belitung sah ich dagegen nur Holz, Motorsägen, normale Sägen, selbstgemachte Holzdübel, ein paar Holzbearbeitungsgeräte, Bohrer, Dichtungsmaterial, Pinsel und Farbe. Sicher gab es noch ein paar mehr Werkzeuge, aber insgesamt waren es wohl nicht mehr als 100 verschiedene Utensilien.
Es ist erstaunlich, wie mit so wenig so viel geschaffen werden kann. Während wir in der Schweiz oft denken, wir bräuchten für jedes Projekt das neueste High-Tech-Werkzeug, zeigen die Bootsbauer hier, dass Kreativität und handwerkliches Geschick manchmal mehr zählen als eine gut sortierte Werkzeugabteilung. Vielleicht sollten wir uns alle ein bisschen davon abschauen – auch wenn ich bezweifle, dass ich mit diesen Mitteln jemals ein seetüchtiges Boot bauen könnte.
Fazit: Belitung hat uns nicht nur mit seinem Wetter, sondern auch mit seiner beeindruckenden Handwerkskunst überrascht.
Traditieneller Schiffsbau und Werft für Reparaturen nahe der Stadt Tanjung Padan in Belitung.
Die Leute hier sind wirklich friedlich. Sie lassen uns auf alle Schiffe, wir dürfen fotografieren und sie haben Zeit für ein kurzes Gespräch.
Herstellung eines grösseren Fischerbootes.
Über einem kleinen Feuer werden die Bretter für die Seitenwände in die richtige Rundung gebracht ...
Die Holzdübel werden mittels eines kleinen Eisenteils mit einem Loch hergestellt.
Der erste Schritt zum Schiff, der Kiel und der Frontbalken.
Ein beinahe fertig gestellter Rumpf ...
Der im Norden gelegene Strand von Belitung, Kepayang, ist ein wahrhaft spektakulärer Ort. Mit seinen bizarren Steinformationen bietet er nicht nur einen außergewöhnlich schönen, sondern auch einen faszinierend interessanten Anblick. Die Granitfelsen, die sich über den Strand verteilen, sehen aus, als hätte ein Riese vor Urzeiten sein Spielzeug vergessen – angefangen bei ein paar Kubikmetern bis hin zu gigantischen Brocken, die die Ausmaße eines mittelgroßen Hauses erreichen können. Es ist, als hätte es hier vor Jahrmillionen einmal „Steine vom Himmel geregnet“ – und niemand hat sie seitdem weggeräumt. 😄
Eine der Formationen hat sogar einen kurzen Tunnel, der groß genug ist, um mit unserem Beiboot hindurchzufahren. Natürlich haben wir diese Gelegenheit genutzt – wer kann schon widerstehen, wenn sich die Chance bietet, mit einem Boot durch einen Felsentunnel zu gleiten? (Siehe erstes Bild unten – ja, wir haben es überlebt, und das Boot auch!)
Am Sonntagmorgen nutzten wir das schöne Wetter, um die atemberaubende Landschaft zu fotografieren. Die Sonne tauchte die Granitfelsen in goldenes Licht, und das Meer glitzerte, als hätte jemand tausend Diamanten auf die Wellen gestreut. Hier sind die Ergebnisse unserer kleinen Fototour – Bilder, die zwar die Schönheit einfangen, aber das Gefühl, selbst dort zu stehen, natürlich nicht vollständig wiedergeben können.
Fazit: Der Strand von Kepayang ist ein Ort, der einen sprachlos macht – und das nicht nur, weil man ständig über die riesigen Felsen stolpert. Es ist ein Ort, der zeigt, wie beeindruckend die Natur sein kann, wenn man ihr genug Zeit lässt.
Nicht nur die Strände von Belitung sind faszinierend – auch die vielen indonesischen Touristen, die mit der Fähre aus Jakarta oder anderen Städten anreisen, sorgen für reichlich Unterhaltung. Da ausländische Touristen hier eine echte Rarität sind, werden wir oft wie lebende Sehenswürdigkeiten behandelt. Viele Indonesier möchten unbedingt ein Foto mit dieser „exotischen Spezies“ – natürlich mit uns zusammen. Wer hätte gedacht, dass wir einmal so berühmt sein würden?
Wir nutzen diese Gelegenheit natürlich auch und lassen uns gerne ablichten. Besonders amüsant war ein spaßiges Gruppenfoto mit einer Schar muslimischer Frauen, die wir eigentlich gar nicht kannten. Aber hey, wer braucht schon Namen, wenn man gemeinsam lachen kann? Die Freude der Indonesierinnen war ansteckend, und wir merkten schnell: Geteilte Freude ist wirklich doppelte Freude – auch wenn man sich vorher noch nie gesehen hat.
Die indonesischen Damen am Strand von Belitung wollen unbedingt ein Bild mit uns. Also nutzen wir die Gelegenheit und knipsen ebenfalls ein Bild mit uns :-)) ...
4. Äquatorüberquerung
Nathalie liebt jeden Anlass für ein kleines Fest – und sei es nur, weil der Kühlschrank mal wieder zu voll ist. Dieses Mal gab es einen besonders feierlichen Grund: die 4. Äquatorüberquerung während unserer Reise! Für unsere Gäste organisierten wir eine kleine Zeremonie, bei der natürlich die obligatorische Münze (2 Euro und 2 Schweizer Franken) geopfert wurde. Dazu gab es einen Schluck Martini Bianco und einen weiteren Martini Rosso – alles natürlich für Neptun, den Gott der Meere, damit er weiterhin gut auf uns zu sprechen ist und unsere Seereisen gnädig begleitet. 🧜♂️🍸
Leider schien Neptun an diesem Tag etwas abgelenkt zu sein, denn der Wind blieb trotz der Zeremonie schwach. Immerhin hatten wir Erfolg bei den Gewitterwolken: Sie verzogen sich, als hätten sie Angst, unsere Feierlaune zu stören. Vielleicht war Neptun ja einfach nur beschäftigt, die Münzen einzusammeln, und hat den Wind dabei vergessen. Oder er dachte sich: „Die haben Martini – die kommen auch so klar!“
Äquatorüberquerung von der südlichen zur nördlichen Halbkugel ...
Unser Segeltörn auf „Nathape“
Bericht von Anika und Sandro
Noch immer können wir unser Glück kaum fassen. Dank unseren Freunden Nathalie & Hans-Peter haben wir die Möglichkeit ein ganz anderes Reisen kennenzulernen. Die beiden sind seit 15 Jahren mit ihrem „Zuhause mit Segeln“ auf See unterwegs & haben uns eingeladen sie ein Stück zu begleiten.
Nach unserer vom Vulkanausbruch auf Lombok gesteuerten Anreise, sind wir dennoch planmässig am 06.11.2015 in Bali angekommen. Mit genügend Proviant für die kommenden Tage im Gepäck hatten wir uns auf den Weg nach Lovina, unserem Treffpunkt, gemacht. Am Strand angelangt erwartete uns bereits ein Einheimischer, welcher uns & unser Gepäck mit seinem kleinen Holzboot zur „Nathape“ brachte. Wir waren total überwältigt & überglücklich endlich Nathalie & Hans-Peter wiederzusehen.
Den ersten Tag an Board war uns ziemlich flau im Magen zumute, aber wir haben uns tapfer geschlagen & sind nicht seekrank geworden. Obwohl dies manchmal schwierig war, bei hohem Wellengang und Schiffsneigung von bis zu 10°. Da sind das ein oder andere blaue Fleck oder eine Beule am Kopf vorprogrammiert. Vor allem das Kochen & der Toilettengang werden dann zur echten Herausforderung! Doch schon nach kurzer Zeit haben wir uns dank der Herzlichkeit der beiden bestens eingelebt & freuen uns tierisch sie eine längere Zeit begleiten zu dürfen.
Am darauffolgenden Morgen sind wir schon früh gestartet, da wir eine weite Strecke vor uns haben. Der Weg sollte uns an einigen einsamen & auch teilweise bewohnten Inseln, in den Regenwald zu den Orang Utan & weiter über den Äquator bis nach Singapur führen.
Jeder Tag, nein jede Stunde ist für uns ein Abenteuer, da man nie weiss was man unterwegs alles sehen wird oder sich das Wetter blitzartig ändert kann. Teilweise hatten wir mit sehr schlechten Wind zu kämpfen & mussten öfters mal Motoren. Doch das ist kein Vergleich zum Fahren unter Segeln. Es ist unbeschreiblich & traumhaft schön!!! Ruhig; nur den Wind hört man in den Segeln blasen & das Schiff wiegt sich gleichmässig mit den Wellen auf dem Meer.
Nathalie & Hans-Peter bringen uns so viel wie möglich über das Segelsetzten, Navigieren, Streckenplanen, Ankern, Knoten usw. bei. Ist schon faszinierend mit welcher Technik so ein Segelschiff ausgestattet ist. Es kann gleich Navigieren wie ein grosser Frachter.
Sandro ist unser persönlicher Schiffs-Chefkoch & macht jede Mahlzeit zum Hochgenuss. Auch Nathalie verwöhnt uns kulinarisch mit selbstgemachten Joghurt & frisch gebackenem Brot.
Die tollsten Erlebnisse für uns waren bis jetzt folgende...
Delphineschulen sichten, die in unmittelbarer Nähe von uns schwimmen & Sprünge & Saltos zu unserer Unterhaltung darbieten.
Das Vorfinden einer ganzen Seesternfarm mit unzähligen Eiern der Stachelhäuter am Strand der Insel Noko, darunter auch mutierte Tiere mit 4 oder 6 Armen.
Mit den Einheimischen der Insel Bawean frisch gepflügte Kokosnüsse trinken & traditionelle Musik auf einem speziell geschnitzten Holzstamm machen.
Dingi-Fahrprüfung mit Hans-Peter als Fahrlehrer, mit Hindernis-Parcours durch riesige Felsspalten. Dingi-Fahrten zum Schnorcheln in wunderschönen Buchten & Riffen. Dabei konnten wir die vielfältige Unterwasserwelt entdecken mit riesigen Korallen, Anemonen, Muscheln, Fischen, Seeigeln, Quallen, Schildkröten...
Auf dem indonesischen Teil der Insel Borneo vor der Stadt Kumai ankern & dort eine Tour in den angrenzenden Nationalpark machen. Für 2 Tage/1 Nacht ging es mit einem Klotok (Hausboot) in den Regenwald, um dort auf wilde Orang Utan, Krokodile, Schlangen, Leguane, Nasenaffen, Wildschweine, farbenfrohe Vögel & Vielem mehr zu treffen. Es herrschte eine wahnsinnige Spannung in der Luft, als man es überall in den Bäumen rascheln hörte & das Wiegen der Baumstämme schon von weitem bemerkte. Die Orang Utan näherten sich langsam & hangelten sich von Baum zu Baum um ein paar Bananen abzustauben. Vor allem die Alfa-Männchen waren sehr imposant mit einem Gewicht von bis zu 140 kg & einer Stärke von insgesamt 8 Menschen. Die Mutterliebe zu ihren zuckersüssen Baby’s ist ebenfalls faszinierend, da die Kleinen bis zum 4/5 Lebensjahr bei der Mama bleiben um ihren Nachwuchs auf das Leben vorbereiten.
Selbst geangelten Fisch sofort zu leckeren Essen verarbeiten, egal ob Barrakuda, Mahi-Mahi oder Wahoo – alles super lecker!
Stundenlanges Jassen mit viel Ehrgeiz & ohne Gnade für den Gegner.
Wir könnten noch viel mehr aufzählen, da einfach alles ein Erlebnis ist für uns war.
Heute Morgen (25.11.2015) haben wir zum ersten Mal den Äquator mit einem Segelschiff überquert & traditionshalber wurde eine kleine „Zeremonie“ abgehalten. Nathalie hat uns lustig eingekleidet mit tahtianischem Pareo & wir mussten uns am Bug bereitstellen. Als wir die Äquatorlinie überquerten & das GPS auf 0,000 stand, haben wir Neptun zu ehren einen CHF & €, zusammen mit einem Schuss Martini geopfert & Sandro ihm folgenden Spruch gewidmet:
Neptun ooh... Neptun, Lueg guet zum Schiff, dä Fisch, zum Wind & dä Wälle.
Mach dini Ufgab guet, Suscht leck mir a dä Schälle!
San & Han
Fazit unserer 3-monatigen Indonesienreise
Wir haben die Nongsa Marina auf der Insel Batom erreicht – und damit das Ende unserer Indonesienreise eingeläutet. Batom liegt direkt südlich von Singapur und markiert den Abschluss unserer dreimonatigen Segeltour durch dieses faszinierende Archipel. In dieser Zeit haben wir mit unserem Schiff beinahe 6.000 Kilometer zurückgelegt. Um das mal in Relation zu setzen: Das entspricht ungefähr der Strecke von der Ostschweiz über Österreich, Ungarn, Rumänien, Schwarzes Meer, Georgien, Aserbaidschan, Kaspisches Meer, Turkmenistan/Iran, Afghanistan, Pakistan bis nach Neu-Delhi in Indien. Pro Tag haben wir im Schnitt 67 Kilometer geschafft – davon etwa ein Drittel unter Motor, weil der Wind manchmal einfach keine Lust hatte, mitzuspielen.
Indonesien ist ein riesiges Land mit rund 13.600 Inseln. Wer also den Plan hat, jede Insel nur eine Woche lang zu besuchen, sollte sich auf ein sehr langes Leben einstellen – genauer gesagt, auf ein biblisches Alter von mindestens 261 Jahren. Das ist selbst für die ambitioniertesten Weltenbummler eine echte Herausforderung! Vielleicht sollte man sich stattdessen auf die schönsten Inseln konzentrieren – oder einfach akzeptieren, dass man in einem Leben nicht alles sehen kann.
Streckenvergleich unserer dreimonatigen Reise durch Indonesien
Indonesien ist ein phantastisches und eines der schönsten Reiseländer. Das auf viele Inseln verteilte Land ist hinsichtlich Kultur, Natur, Klima und Vegetation sehr verschieden. Mehr als 300 verschiedene Volksgruppen leben zusammen und es werden über 580 unterschiedlichen Sprachen zur Kommunikation benutzt. Diese ethnische und sprachliche Vielfalt hat sich Indonesien bis heute bewahrt.
Mit dem Segelschiff in Indonesien zu reisen ist sehr kompliziert. Man braucht eine Bewilligung zum Segeln (CAIT), ein Sponsorletter, ein Schreiben der Quarantäne, ein Papier, welches den provisorischen Import des Bootes bescheinigt und sicher noch ein paar Dokumente mehr. Dies alles erledigt ein indonesischer Agent, welcher auch das und jene vergisst. Diese vergessenen Papiere fehlen dann beim Ausklarieren. Aber der administrative Aufwand lohnt sich, denn Indonesien bietet sehr viel. Nur die Zeit ist zu knapp, in drei Monaten kann man nicht all das sehen, was man gerne möchte ...